Salt Lake City Messenger Nr. 74
Februar 1990
EINE VERTUSCHUNG AUFGEDECKT
JOSEPH SMITHS VERSUCH, DAS BUCH MORMON ZU RETTEN
(übersetzt von Manfred Trzoska)
(Sandra Tanner vertritt bis heute die Position, dass Joseph Smith der Autor des Buches Mormon war. Ich empfehle aber, beim Lesen dieses Artikels im Hinterkopf zu behalten, dass es wahrscheinlicher ist, dass Sidney Rigdon der eigentliche Autor des Buches Mormon – unter Zuhilfenahme eines Romanmanuskripts Solomon Spaldings - und der Drahtzieher in der frühen Mormonenkirche war. Die Erfahrungen Sidney Rigdons als Geistlicher der Reformierten Baptisten (Campbelliten) erklären die vielen Bibelstellen im Buch Mormon und die Theologie, die aus dem Buch Mormon spricht. - Der Übersetzer)
In der Ausgabe vom Juli 1989 des Salt Lake City Messenger gaben wir die Entdeckung eines große „schwarzen Loches“ im ersten Teil des Buches Mormon bekannt. Wir legten dar, dass Joseph Smith, als die ersten 116 Seiten des Manuskripts gestohlen waren, nicht in der Lage war, das Material, das er von den Platten Lehis „übersetzt“ hatte, akkurat neu zu erstellen. Da er fürchtete, dass seine Feinde die fehlenden Seiten nicht vernichtet hatten und sie hervorbringen und die Widersprüche aufzeigen würden, wenn er versuchte, das Material zu duplizieren, war er gezwungen, zu behaupten, dass Gott ihm befohlen hätte, den ersten Teil des Buches Mormon von einem anderen Satz Platten zu übersetzen. Mormonen nennen diese Platten die „kleinen Platten Nephis“. Diese „Goldplatten“ deckten denselben Zeitraum ab wie die Platten Lehis, aber da sie von einem anderen Autoren geschrieben waren, musste die Geschichte nicht mit der identisch sein, die man auf den verlorenen Seiten vorfand. Trotzdem zeigen Beweise, dass nicht einmal diese Lösung vollkommen das Dilemma löste, mit dem Joseph Smith konfrontiert war. Smith konnte sich offensichtlich nicht mehr deutlich an viele Personennamen, Daten, Städte, Länder, Könige, militärische Führer und andere Dinge erinnern, die er zuvor geschrieben hatte. Folglich musste das, was Smith diktierte, um die fehlenden Seiten seines Buches zu ersetzen, so verschwommen wie möglich sein. Während diese Seiten denselben Zeitraum abdecken sollten wie die Originalseiten vom Buch Lehi, und um sie irgendwie historisch erscheinen zu lassen, mussten sie tatsächlich sehr verdunkelt sein, wenn es um die Einzelheiten ging, an die sich Joseph Smith nicht mehr deutlich erinnern konnte. Viele wichtige Dinge, die sich aus Joseph Smiths Gedächtnis verflüchtigt hatten, mussten ebenfalls in das strahlenlose und nicht identifizierbare „schwarze Loch“ im Buch Mormon verschwinden.
Unsere Theorie in Bezug auf dieses „schwarze Loch“ scheint jetzt durch Beweise gut untermauert. Nicht nur, dass Mormonenapologeten angesichts der Tatsachen, die hervorgekommen sind, still geblieben sind, sondern neue Beweise sind ans Licht gekommen, die die Forschungsarbeit bestätigen, die in der Ausgabe vom Juli 1989 des Messenger präsentiert wurde.
Eine wichtige Entwicklung bezieht sich auf eine Theorie, die seit einigen Jahren von einigen prominenten Mormonengelehrten aufrecht erhalten wird. Diese Gelehrten behaupten, dass der erste Teil des Buches Mormon eigentlich zuletzt geschrieben wurde. Sie behaupten, dass Joseph Smith, nachdem die 116 Seiten gestohlen waren, nicht versuchte, das fehlende Material am Anfang des Buches einzufügen. Stattdessen machte er dort weiter, wo er aufgehört hatte, und fuhr bis ans Ende des Buches fort. Erst als er den letzten Teil des Buches Mormon fertig hatte (mehr als zwei Drittel des Buches), stellte er sich dem Problem, den Anfang des Werkes wieder herzustellen. Deshalb wurden die ersten Bücher des Buches Mormon – 1. Nephi bis Omni -, die 142 Seiten umfassen, ganz zuletzt geschrieben. Als wir ursprünglich unsere Arbeit in Bezug auf das „schwarze Loch“ schrieben, bemerkten wir nicht, wie gut diese Theorie mit unseren Ideen zusammenpassten. Glücklicher Weise teilte während des Verlaufs unserer Nachforschung ein Mormonengelehrter, der den Glauben an die göttliche Echtheit des Buches Mormon verloren hatte, einiges von seiner Forschungsarbeit mit uns. Wir sahen seine Arbeit durch und stellten fest, dass er unwiderlegbare Beweise hatte, dass der erste Teil des Buches tatsächlich zuletzt geschrieben wurde. Darüber hinaus bestätigt auch dieses Beweismaterial schlüssig, dass Joseph Smith selbst, der Autor des Buches Mormon war.
In einem neuen Buch, das wir gerade fertig gestellt haben, Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon, haben wir diese wichtige Information mit unserer Nachforschung über das „schwarze Loch“ kombiniert. Zusätzlich haben wir unsere Computerarbeit über Plagiarismus hinzugefügt – 74 Seiten photographischer Beweise, dass der Autor des Buches Mormon eine Menge Material aus dem Neuen Testament klaute.
DEN NAMEN JESU AUSLÖSCHEN
Die Entdeckung, dass der erste Teil des Buches Mormon eigentlich zuletzt geschrieben wurde, eröffnet eine plausible Erklärung, warum Joseph Smith das Gefühl hatte, dass er die Worte „Jesus Christus“ aus einem früheren Teil des Buches Mormon (1. Nephi 12:18) entfernen müsste. Wir hatten diese Änderung schon vor Jahren in unserem Buch 3,913 Changes in the Book of Mormon erwähnt, aber wir verstanden nicht die große Bedeutung der Sache.
Eines der ernstesten Probleme, mit denen an das Buch Mormon Glaubende konfrontiert werden, ist die Betonung auf Jesus im alttestamentarischen Teil des Buches Mormon. Sogar das Auftreten des Namens „Jesus Christus“ in der Geschichte Hunderte von Jahren vor seinem Kommen stellt ein Problem dar. Zu der Zeit, als Joseph Smith das Buch Mormon schrieb, muss er nicht erkannt haben, dass die Wörter „Jesus Christus“ von den griechischen Wörtern Iesous Christos abgeleitet wurden. Als Smith vorgeworfen wurde, ein griechisches Wort im Buch Mormon benutzt zu haben, antwortete er, dass dies ein Irrtum wäre: „Der Irrtum, von dem ich spreche, ist die Definition des Wortes 'Mormon'. Es ist erklärt worden, dass dieses Wort vom griechischen Wort mormo abgeleitet wurde. Dies ist nicht der Fall. Es gab auf den Platten, von denen ich... das Buch Mormon übersetzte, kein Griechisch oder Latein.“ (Times and Seasons, Bd. 4, S. 194) Joseph Smith war sich der Tatsache bewusst, dass es nicht korrekt wäre, im Buch Mormon einen Namen zu haben, der von der griechischen Sprache abgeleitet wurde. Deshalb argumentierte er gegen den Gedanken, der von seinen Verleumdern vorgebracht wurde.
Trotz Joseph Smiths entschiedener Leugnung gibt es Namen im Buch Mormon, „die vom Griechischen abgeleitet“ sind. Zum Beispiel kommt der Name „Timotheus“ (3. Nephi 19:4) aus der griechischen Sprache und der Name „Jonas“ (der im selben Vers gefunden wird) ist der griechische Name für Jonah. Darüber hinaus findet man die griechischen Wörter „Alpha“ und „Omega“ in 3. Nephi 9:18. Es ist auch offensichtlich, dass sie vom Neuen Testament, Offenbarung 21:6, abgeschrieben wurden. (Das Neue Testament wurde natürlich in Griechisch geschrieben.) Es ist interessant, dass Mormonenapostel Bruce R. McConkie offen zugab, dass diese Wörter aus dem griechischen Alphabet stammen: „ALPHA UND OMEGA... Diese Wörter, die ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets werden sinnbildlich verwendet, um die Zeitlosigkeit und die ewige Natur des Daseins unseres Herrn zu lehren...“ (Mormon Doctrine, 1979, S. 31)
Selbst das Bibelwörterbuch der Mormonenkirche, das in der Druckversion der Kirche von der King-James-Version der Bibel enthalten ist, anerkennt, dass „Jesus“ die „griechische Form des Namen Joshua oder Jeshua ist (Seite 713) und es erklärt auch, dass das „englische Wort Christ von einem griechischen Wort stammt, dass gesalbt bedeutet und mit Messias gleichbedeutend ist, das aus einem hebräischen und aramäischen Begriff stammt, der Gesalbter bedeutet“ (Seite 609).
Wenn das Buch Mormon die Worte „Joshua der Messias“ anstatt „Jesus Christus“ benutzt hätte, wäre es Gelehrten gegenüber weit beeindruckender. Man könnte natürlich argumentieren, dass diese Worte ins „reformierte Ägyptische“ übertragen waren, damit sie auf die ursprünglichen Goldplatten eingraviert werden konnten, aber dass der Übersetzer stattdessen die Wörter „Jesus Christus“ wählte, damit sie dem Leser leichter verständlich wären. Das Problem mit dem Buch Mormon geht aber viel tiefer als nur um den Namen des Messias. Der Mormonengelehrte S. Kent Brown, der ein eifriger Apologet für das Buch Mormon zu sein scheint, anerkennt, dass „Nephi und Jakob mehrere Titel benutzen, die offensichtlich über das hinausgehen, was sie auf den Messingplatten hätten finden können... Die folgenden Titel und Namen, die von Nephi benutzt werden, scheinen eher in einer späteren Zeit wie die des Neuen Testaments oder des frühen Christentums zu Hause zu sein: Geliebter Sohn... Geliebter... Sohn des lebendigen Gottes... Sohn der Rechtschaffenheit... Sohn des allerhöchsten Gottes... Sohn Gottes... Einziggezeugter des Vaters... Jesus Christus... Christus... wahrer Weinstock... Licht... Die folgenden Namen aus Jakob passen zur selben Situation: Einziggezeugter Sohn... Christus... Jesus...“ (BYU Studies, Winter 1984, S. 35, Fußnote 40)
Ein Studieren des Textes des Buches Mormon offenbart, dass Joseph Smith, obwohl er nicht gewusst haben mag, dass die Wörter „Jesus Christus“ aus der griechischen Sprache genommen wurden, aus irgendeinem Grund darüber besorgt war, sie im ersten Teil des Buches Mormon zwischen 500 oder 600 Jahren vor der Geburt Christi einzuführen. Wie wir zeigen werden, veranlasste dies Smith, im Buch Mormon einiges widersprüchliches Material zu produzieren.
S. Kent Brown argumentierte, dass Lehi die Wörter Jesus Christus nicht kannte und dass sie erst nach Lehis Tod offenbart wurden:
„Kannte Lehi keine Titel wie Sohn Gottes oder Christus? In Bezug auf beide Begriffe, Christus und den Namen Jesus, ist die Antwort ein definitives Nein. 2. Nephi 10:3 gemäß wurde der Titel Christus Jakob durch einen Engel erst nach Lehis Tod bekannt gemacht. Und Nephi benutzt diesen Titel erst nach der Erzählung dieses Erlebnisses Jakobs (2. Nephi 11:4). Außerdem erwähnt Nephi den Namen Jesus das erste Mal erst zum Ende seiner eigenen Schriften (2. Ne. 26:12)... Daher können wir sicher schließen, dass Lehi diese Namen nicht kannte.“ (Ebenda, S. 35-36)
Obwohl S. Kent Browns Aussage im Wesentlichen richtig ist, da sie sich auf die heutige Ausgabe des Buches Mormon bezieht, kommt ein ernstes Problem ans Licht, wenn wir uns der ursprünglichen Ausgabe von 1830 zuwenden, das Browns These vollkommen über den Haufen wirft. Die erste Ausgabe macht tatsächlich deutlich, dass der Name „Jesus Christus“ nicht vor Lehis Tod bekannt war, aber er wurde von Nephi selbst benutzt, bevor er in die Neue Welt kam:
„Und ein großer und schrecklicher Abgrund trennte sie, ja, das Wort der Gerechtigkeit des Ewigen Gottes, und Jesu Christi, der das Lamm Gottes ist...“ (Buch Mormon, 1830er-Ausgabe, Seite 28)
Da das Buch Mormon später erklärt, dass der Name Jakob erstmals Jahre nach Lehis Tod bekannt gemacht wurde, musste Joseph Smith in der 2. Ausgabe die Wörter „Jesus Christus“ in „Messias“ umändern. In der 1981er-Ausgabe lesen wir folgendes:
„Und ein großer und schrecklicher Abgrund trennte sie, ja, das Wort der Gerechtigkeit des Ewigen Gottes, und des Messias, der das Lamm Gottes ist...“ (Buch Mormon, 1. Nephi 12:18)
Das Druckermanuskript des Buches Mormon wurde ebenfalls geändert und spiegelt diese ernste Änderung wider. Hieraus wird offensichtlich, dass eine absichtliche Änderung vorgenommen wurde, um einen anachronistischen und peinlichen Teil des Buches Mormon zu vertuschen.
Nach einer Untersuchung des Auftretens der Wörter Jesus und Christus im gesamten Buch Mormon sehen wir einige merkwürdige Muster, die man mit der Theorie erklären könnte, dass der erste Teil des Buches Mormon zuletzt geschrieben wurde. Es scheint in der Tat, dass Joseph Smith nie beabsichtigte, die Wörter „Jesus Christus“ in den Bericht der Nephiten vor der Regierung König Benjamins einzuführen, ein wenig mehr als ein Jahrhundert, bevor Christus geboren wurde. Im Buch Mosiah, das das erste Buch wäre, das nach den 116 Seiten, die gestohlen wurden, geschrieben wurde, gab Benjamin eine bewegende Rede „ungefähr 124 v. Chr.“ an sein Volk. Direkt vor seiner Rede, sagte er seinem Sohn Mosiah, dass er dabei wäre, „seinem Volk einen Namen zu geben, damit sie dadurch von allen anderen Menschen unterschieden werden können, die Gott der Herr aus dem Land Jerusalem gebracht hat. Und ich gebe ihnen einen Namen, der nie ausgelöscht werden soll, außer durch Übertretung.“ (Mosiah 1:11-12) In seiner Rede scheint König Benjamin zu sagen, dass ein Engel ihm die Wörter „Jesus Christus“ offenbarte und dass sein Volk den Namen Christi auf sich nehmen sollte:
„...Und was ich euch vorlegen werde, ist mir durch einen Engel Gottes kund getan worden. Und er sagte zu mir: Erwache und höre die Worte, die ich dir sagen werde; denn siehe, ich bin gekommen, um dir eine frohe Botschaft großer Freude mitzuteilen... Denn siehe, die Zeit kommt und ist nicht mehr fern, wo Gott der Allmächtige... mit Macht vom Himmel... herabkommen und in einer irdischen Hülle wohnen... wird... Und er wird Jesus Christus, der Sohn Gottes genannt werden... und seine Mutter wird Maria heißen.“ (Mosiah 3:2, 3, 5, 8 )
In Mosiah 5:8 und 11 informiert König Benjamin sein Volk: „Seligkeit kommt durch keinen anderen Namen, daher möchte ich, dass ihr alle... den Namen Christi auf euch nehmt... Und ich möchte, dass ihr auch bedenkt, dass dies der Name ist, den ich euch geben wollte, wie ich sagte, der niemals ausgelöscht werden sollte, es sei denn durch Übertretung...“ Mosiah 6:2 erklärt weiter, dass es nach dieser Rede „keine Seele gab, außer kleinen Kindern, die in den Bund eingetreten waren und den Namen Christi auf sich genommen hatten.“
Diese Rede wirft eine sehr ernste Frage in Bezug auf das Material auf, das im Buch 2. Nephi erscheint, das angeblich mehr als 400 Jahre früher geschrieben worden ist. Warum sollte König Benjamin eine besondere Offenbarung erhalten, die ihn über den Namen Christi informiert, wenn die Platten Nephis diese Information doch schon enthielten? Mormon gemäß: „König Benjamin nahm die Platten, nachdem Amaleki sie [die kleinen Platten Nephis] ihm übergeben hatte...“ (Worte Mormons 1:10). Ferner hatte König Benjamin auch die großen Platten Nephis. Benjamin selbst sagte seinen Söhnen, dass die „Platten Nephis wahr“ wären, und er unterwies sie „daran zu denken, fleißig darin zu forschen“ (Mosiah 1:6-7). Auf kleinen Platten allein erscheint der Name „Jesus“ 10 mal und den Begriff „Christus“ findet man 82 mal. In 2. Nephi 25:16 und 26 schrieb Nephi deutlich, dass „es keinen anderen Namen unter dem Himmel“ gibt „als dieser Jesus Christus, von dem ich gesprochen habe, durch den der Mensch erlöst werden kann... wir sprechen von Christus, wir erfreuen uns in Christus, wir predigen Christus, wie prophezeien von Christus und wir schreiben unseren Prophezeiungen gemäß, damit unsere Kinder wissen können, auf welche Quelle sie für eine Vergebung der Sünden schauen können.“ In 2. Nephi 31:13 finden wir folgendes: „...Ich weiß, wenn ihr dem Sohn folgt... und dem Vater bezeugt, dass ihr willens seid, den Namen Christi auf euch zu nehmen, durch die Taufe... dann werdet ihr den Heiligen Geist empfangen...“
Im Licht dieser Schriftstellen scheint es höchst unlogisch zu glauben, dass König Benjamin und sein Volk in Bezug auf den „Namen Christi“ vollkommen im Dunkeln gewesen sind, bevor der Engel Benjamin besuchte und diese Information offenbarte.
In den Büchern Alma bis Mormon wird der Name „Jesus“ 147 mal benutzt und „Christus“ erscheint 176 mal. Ether, das das vorletzte Buch im Buch Mormon ist, benutzt den Namen „Jesus“ 12 mal und das Wort „Christus“ erscheint 1-4 mal. Das letzte Buch, Moroni, enthält „Jesus“ 11 mal und „Christus“ 70 mal. Zum Zeitpunkt, als Joseph Smith begann, den fehlenden Teil des Buches Mormon zu ersetzen, war er völlig an die Benutzung der Wörter „Jesus Christus“ gewöhnt. Er hatte in der Tat viele Seiten seines Werkes dem Besuch Christi bei den Nephiten gewidmet und es wurde für ihn schwierig, den Namen des Messias zu unterdrücken, als er damit begann, das Material zu ersetzen, das ursprünglich auf den fehlenden 116 Seiten stand.
Eine Sache scheint sehr klar: Joseph Smith wusste, dass er die Wörter „Jesus Christus“ in seiner „Übersetzung“ der kleinen Platten Nephis nicht einbeziehen sollte, weil es sich mit den Seiten widersprechen würde, die er im Buch Mormon geschrieben hatte. (Der Leser wird sich erinnern, dass er in Mosiah behauptet hatte, dass ein Engel diese Wörter Benjamin offenbarte.) Folglich sollten sie vor der Regierungszeit König Benjamins nicht erscheinen.
Haben wir dies erst einmal verstanden, wird es offensichtlich, dass Joseph Smith intensiv versuchte, die Wörter „Jesus Christus“ in den ersten Büchern des Buches Mormon zu unterdrücken. Eine Untersuchung des 1. Buches Nephi zeigt die Vorsicht, die Joseph Smith in Bezug auf diese Angelegenheit walten ließ. Vor dem Vers, wo er aus Versehen die Wörter „Jesus Christus“ einfügte (1. Nephi 12:18), versuchte er jedes andere Wort zu benutzen, das ihm einfiel, um die Verwendung des Namen Jesus zu vermeiden. Er verwendete das Wort Gott 36 mal; die Wörter der Herr 99 mal, die Wörter Gott Israels 2 mal, Messias 9 mal, Erretter 1 mal, Erlöser 4 mal, die Wörter das Lamm oder das Lamm Gottes 15 mal, die Wörter Sohn Gottes 5 mal und der Sohn 3 mal. Die Wörter „Jesus“ oder „Christus“ erscheinen in keinem der ersten 22 gedruckten Seiten des Buches Mormon.
Die Vertuschung funktionierte sehr gut, bis Joseph Smith zu Kapitel 12 Vers 18 kam. An diesem Punkt scheint er aber einen Ausrutscher in der Sprache gemacht zu haben und diktierte die Wörter „Jesus Christus“. Offensichtlich bemerkte er den Fehler, den er gemacht hatte, nicht einmal und der Fehler ging ihm durch die Lappen, als er die erste Ausgabe 1830 drucken ließ. Smith bemerkte wahrscheinlich erst, dass er diesen Freudschen Ausrutscher gemacht hatte, als er den Text des Buches Mormon für die 1837er-Ausgabe noch einmal durchlas. Wie wir gezeigt haben, entfernte er zu diesem Zeitpunkt die Wörter „Jesus Christus“ und die Wörter „der Messias“ wurden in den nachfolgenden Ausgaben an ihre Stelle gesetzt.
Auf jeden Fall war Joseph Smith, nachdem er sich seinen enthüllenden Schnitzer in 1. Nephi 12:18 geleistet hatte, in der Lage ungefähr 55 Seiten Text zu diktieren, bevor er einen ähnlichen Fehler machte. Er füllte diese Seiten mit jeder Art von Synonymen bei seinem Versuch, die Erwähnung der Wörter „Jesus Christus“ zu vermeiden. Er benutzte „der Herr“ 204 mal (eigentlich mehr, wenn wir einige Seiten Jesaja mitzählen, die in diesem Teil des Buches Mormon zitiert werden). Das Wort „Gott“ wird 170 mal verwendet, die Wörter „das Lamm“ oder „Lamm Gottes“ erscheinen 59 mal, „Messias“ wird 10 mal verwendet, „Erlöser“ findet man 10 mal und „Erretter“ erscheint 2 mal. In diesem Teil des Buches Mormon benutzte Joseph Smith einige neue Synonyme. In 2. Nephi 9:5 zum Beispiel lesen wir: „...denn es ist notwendig, dass sich der große Schöpfer wie andere Menschen den Umständen des Fleisches unterwerfe...“. Vers 6 verwendet ebenfalls dieselben Wörter. Im zweiten Kapitel desselben Buches (Vers 27 und 28) wird der Messias zweimal „der große Mittler“ genannt. Aus dem Buch Jesaja in der Bibel leitet Joseph Smith die Wörter „der Heilige Israels“ ab. Dies wird in 1. Nephi 22:21 als Ersatz für „Jesus Christus“ benutzt: „Und ich, Nephi, verkündige nun, dass dieser Prophet, von dem Mose sprach, der Heilige Israels ist...“ Dieselben Wörter werden an 26 anderen Stellen in dem Textabschnitt, über den wir diskutieren, verwendet. Wenn wir alle Bezeichnungen für die Gottheit in diesem Abschnitt des Buches Mormon zusammenzählen, kommen wir insgesamt auf 486. In demselben Teil findet der Computer keine einzige Erwähnung weder von „Jesus“ noch von „Christus“.
Schließlich, nachdem Joseph Smith 55 stramme Seiten diktiert hatte, ohne den Namen des Messias über seine Lippen kommen zu lassen, stolperte er wieder. In 2. Nephi 10:3 flutschte das Wort „Christus“ heraus. Diesmal bemerkte Smith aber sofort seinen Fehler. Obwohl dieser sprachliche Ausrutscher nicht so schlimm wie der erste Fehler (1. Nephi 12:18, wo er sowohl „Jesus“ als auch „Christus“ benutzte) war, scheint dieses Mal Smith bemerkt zu haben, dass sein Schreiber ihn das Wort „Christus“ benutzen gehört hatte, und dass „die Katze aus dem Sack“ war. Offensichtlich wollte er nicht zugeben, dass er einen Fehler gemacht hatte. Daher scheint es, dass er sofort versuchte, das Problem zu korrigieren, indem er behauptete, dass Jakob das Wort „Christus“ durch einen Engel offenbart wurde. Der Leser wird bemerken, wie schnell Joseph Smith bei seinem Versuch war, Dinge auszuglätten.
„Und nun rede ich, Jakob, wieder zu euch... unsere Kinder sollen wieder hergestellt werden, damit sie zu dem kommen, was ihnen die wahre Erkenntnis ihres Erlösers geben wird. Daher ist es notwendig, wie ich euch gesagt habe, dass Christus – denn in der vergangenen Nacht sagte der Engel zu mir, dass dies sein Name sein wird – unter den Juden kommt...“ (2. Nephi 10:1-3)
Es ist interessant, dass die Ordnung der Dinge anders ist, als König Benjamin der Name des Messias offenbart wurde. In diesem Bericht erzählt erst Benjamin seinem Volk, dass ihm ein „Engel Gottes“ erschien und ihm eine wichtige Botschaft brachte. Dann sagt er, dass der Engel ihm erzählte, dass der Erretter „Jesus Christus, der Sohn Gottes...“ genannt werden würde. (Mosiah 3:2 und 8 ) In Jakobs Bericht aber erwähnt er die Tatsache, dass ein Engel ihm den Namen „Christus“ genannt hatte, erst nachdem ihm der Name aus dem Mund geschlüpft war. Wenn man all die Fakten betrachtet, ist es schwierig der Vorstellung zu widerstehen, dass die Engelsbotschaft ein nachträglicher Einfall war.
Nachdem Jakob das erste Mal in 2. Nephi 10:3 „Christus“ erwähnte, dauerte es nicht lange, bis er ihn wieder benutzte. Innerhalb von zweieinhalb Seiten erscheint das Wort „Christus“ 5 weitere Male. Man sollte aber beachten, dass das Wort „Jesus“ in Jakobs Rede überhaupt nicht auftritt. Nephi benutzt dieses Wort zum ersten Mal in 2. Nephi 25:19: „...der Messias kommt... und gemäß den Worten der Propheten und auch gemäß dem Wort des Engels Gottes, wird sein Name Jesus Christus, der Sohn Gottes sein.“ Es scheint, dass Joseph Smith das Gefühl hatte, seit er das Wort „Christus“ schon benutzt hatte, dass es witzlos wäre, mit der Unterdrückung des Namens „Jesus“ fortzufahren. Wie Jakob behauptete Nephi, dass „der Engel Gottes“ den Namen des Erretters offenbarte. In diesem Vers macht Nephi auch eine besondere Bemerkung in Bezug auf diese Angelegenheit; er bemerkt, dass der Name in „den Worten der Propheten“ zu finden ist. Wenn dies der Fall wäre, warum wissen Nephi, Jakob und König Benjamin nichts von dieser wichtigen Information, bis Engel sie ihnen offenbarte? Ferner, warum würde ein Engel in Bezug auf diese Angelegenheit eine Offenbarung geben müssen, wenn sie schon in „den Worten der Propheten“ zu finden war.
Joseph Smith hatte nicht nur ein sehr ernstes Problem in Bezug auf den Namen „Jesus Christus“ im Buch Mormon, sondern Wesley P. Walters bemerkte, dass er in einigen Teilen des Buches auch „die Spur seines Zeitrahmens verlor“. In seiner Magisterarbeit „The Use of the Old Testament in the Book of Mormon“, Seite 79, erwähnt Walters, dass es „mehrere Passagen“ gibt, „in denen Joseph von Zeit zu Zeit Schwierigkeiten hatte beim Versuch, seine Buch-Mormon-Charaktere über Ereignisse schreiben zu lassen, die noch in der Zukunft lagen, während sie von Josephs Standpunkt aus schon in der Vergangenheit lagen“. Pastor Walters gibt einige Beispiele auf den Seiten 79-80 seiner These und H. Michael Marquardt hat dieses Thema in The Use of the Bible In the Book of Mormon, Seite 5, behandelt.
Ein gutes Beispiel für das Problem, das Joseph Smith hatte, findet man im Buch 2. Nephi, Kapitel 31, datiert „zwischen 559 und 545 v. Chr.“:
„Jetzt wollte ich euch fragen... worin das Lamm Gottes mit der Taufe im Wasser alle Gerechtigkeit erfüllte. Wisst ihr nicht, dass er heilig war?... Daher kam der Heilige Geist in der Form einer Taube auf ihn herab, nachdem er im Wasser getauft worden war. Und weiter zeigt es den Menschen die gerade Richtung des Pfades... denn er hat ihnen selbst das Beispiel gegeben.“ (2. Nephi 31:6-9)
An einer Stelle in Mosiah, die auf „ungefähr 148 v. Chr.“ datiert wird, scheint Smith gemerkt zu haben, dass er sich in der Vergangenheitsform befand, und er versuchte, die Situation zu korrigieren: „Und wenn Christus nicht in die Welt gekommen wäre – um von zukünftigen Dingen zu reden, als seien sie schon geschehen -, dann hätte es auch keine Erlösung geben können.“ (Mosiah 16:6)
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