Chiasmus im Buch Mormon
Mormonenapologeten haben eine Menge aus der Entdeckung des Chiasmus im Buch Mormon gemacht. Ein Chiasmus, benannt nach dem griechischen Buchstaben 'chi', der dem Buchstaben 'X' ähnelt, ist ein literarischer Kunstgriff, bei dem eine Reihe von Aussagen oder Phrasen in umgekehrter Reihenfolge wiederkehren: A, B, C, D, d, c, b, a.
Dieser literarische Kunstgriff wurde im 19. Jahrhundert in der Bibel entdeckt und Mormonenapologeten entdeckten ihn dann auch im Buch Mormon. Sie präsentieren dies als Beweis, dass das Buch Mormon göttlich inspiriert ist, da Chiasmus in der Bibel noch nicht entdeckt worden war, als Joseph Smith das Buch Mormon erstellte.
Chiasmus verliert all seine Überzeugungskraft als Beweis für die Göttlichkeit des Buches Mormon, wenn man erkennt, dass er ein literarischer Kunstgriff ist, der ganz natürlich genauso in nicht göttlichen Schriften auftreten kann, und dass ein Autor sich des Kunstgriffes nicht bewusst sein und auch nicht seinen Namen kennen muss, um literarisch von ihm Gebrauch zu machen. Joseph Smiths Tagebuch erhebt zum Beispiel nicht den Anspruch, göttlich inspiriert oder ein antikes Dokument zu sein, dennoch ist der Eintrag für den 1. April 1834 ein exzellentes Beispiel für einen Chiasmus:
A the Lord shall destroy him
B who has lifted his heel against me even that wicked man Docter P. H[u]rlbut
C he [will] deliver him to the fowls of heaven
and
c his bones shall be cast to the blast of the wind
b [for] he lifted his [arm] against the Almity
a therefore the Lord shall destroy him
Der 3. Präsident der Kirche, John Taylor, verwendete Chiasmus ziemlich natürlich und kein Mormone behauptet, dass der Chiasmus in seinen Gedanken Beweis für göttliche Inspiration oder einen antiken Ursprung ist:
A And He in His own person
B bore the sins of all,
C and atoned for them
D by the sacrifice of Himself,
E so there came upon Him the weight and agony
F of ages
f and generations,
e the indescribable agony consequent upon
d this great sacrificial
c atonement
b wherein He bore the sins of the world,
a and suffered in His own person the consequences of an eternal
law of God broken by man
(Die obigen Beispiele stammen aus Brent Lee Metcalfe, Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Bd.26, No.3, S.162-164.)
Ein nicht ernst gemeinter Artikel in Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Bd. 33 Nr. 4, Winter 2000, S. 163, von Robert Patterson, "Hebraicisms, Chiasmus, and Other Internal Evidence for Ancient Authorship in 'Green Eggs and Ham'" demonstrierte, dass dasselbe Argument, das Mormonenapologeten benutzen, um zu zeigen, dass Chiasmus Beweis für das Buch Mormon ist, auch zeigen kann, dass Dr. Seuss' Kinderbuch „Green Eggs and Ham“ ebenfalls antik ist:
I am Sam.
Sam I am.
I do not like them, Sam-I-am.
I do not like green eggs and ham.
Would you like them here or there?
I would not like them here or there.
I would not like them anywhere.
I do not like green eggs and ham.
I do not like them, Sam-I-am.
Vernal Holley stellt in seinem Buch Book of Mormon Authorship: A Closer Look, 3. Ausg., S. 26, (online hier) heraus, dass Solomon Spauldings „Manuscript Story“ (auch "Manuscript Found" genannt), von vielen – einschließlich Holley – als Quelle für Joseph Smiths Buch Mormon angesehen, ebenfalls nicht wenige Beispiele für Chiasmus enthält, und dennoch würde kein Mormonenapologet diese Tatsache als Beweis dafür werten, dass Spauldings Geschichte tatsächlich hebräische Heilige Schrift ist.
Für eine ausführliche Erörterung darüber, wie häufig (und natürlich) Chiasmus ist, schauen sie auf Dr. Mardy Grothes Website unter http://www.drmardy.com/chiasmus/welcome.shtml. Er bringt keinen Hinweis, dass Chiasmus ein Beweis für Altertümlichkeit oder Göttlichkeit ist (auch erwähnt er nicht das Buch Mormon).
Weitere Links über Chiasmus:
http://www.strangite.org/Chiasmus.htm (Chiasmus in den Heiligen Schriften der Strangiten!)
http://www.mormoninformation.com/chiasmus.htm
weiter